Körnerleguminosen aus heimischem Anbau bieten für den Food-Bereich ein besonders hohes Innovations- und Wertschöpfungspotenzial. In Deutschland fordern Verbraucher GVO-frei produzierte Lebensmittel und es steigt die Nachfrage nach Lebensmittelprodukten, die regional und nachhaltig produziert werden, rückverfolgbar sind, pflanzlichen Ursprungs und von hohem Gesundheits- und Wohlfühlwert sind.

Die Zunahme ernährungsbedingter Krankheiten in den westlichen Industriegesellschaften erhöht zudem die Dringlichkeit, vorbeugende, innovative Ernährungsstrategien auf der Grundlage gesundheitsfördernder Lebensmittel zu entwerfen. Dazu gehören vegetarische und vegane, sowie laktosefreie und cholesterinarme Produkte, die möglichst umweltschonend hergestellt werden. Auch der Einfluss internationaler Küche richtet den Fokus auf das Verwertungspotenzial von Lupinen. Körnerleguminosen bieten mit ihren besonderen Inhaltsstoffen eine vielversprechende Rohstoffbasis für die Entwicklung solcher Lebensmittel. Körnerleguminosen – darunter auch Lupinen – sind eine traditionelle Quelle von Protein und Öl für die menschliche Ernährung. Lupinen werden z. B. in den Mittelmeerländern und in Südamerika seit mehr als 2000 Jahren als hochwertiges eiweiß- und kohlenhydratreiches Grundnahrungsmittel geschätzt und werden auch traditionell als „Snack” in Form von gequollenen und gesalzenen Lupinenkörner gegessen.

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass die Kombination von Lupinen- mit Getreide- bzw. Maisprotein eine nahezu ideale Eiweißzusammensetzung ergibt (FAO). Lupinen zeichnen sich durch hohe Proteingehalte (Schmalblättrige L. 33 % XP in TM; Weiße L. 37 % XP in TM; DLG 2014) im Samenkorn aus. Das ernährungsphysiologisch hochwertige Eiweiß mit einem hohen Anteil an Speicherprotein ist reich an der Aminosäure Lysin (ein wichtiger Baustein des menschlichen Bindegewebes). Lupinenkörner sind zudem fettreich (4-7 %; Schmalblättrige L. 5,5 % in TM, Weiße L. 8,7 % in TM; DLG 2014) und das Öl enthält wertvolle ungesättigte Fettsäuren. Weiße Lupinen verfügen über einen hohen Anteil an Ölsäure, gefolgt von Linolsäure (Erbas et al., 2005), während Schmalblättrige Lupinen mehr Linol- als Ölsäure aufweisen. Beyer et al. (2015) geben die Fettsäurezusammensetzung Schmalblättriger Lupinen mit 19,5 % gesättigten Fettsäuren, 32,4 % einfach ungesättigten und 48,1 % mehrfach ungesättigten Fettsäuren an. Zusätzlich sind Lupinen reich an Ballaststoffen, die im Vergleich zu anderen Hülsenfrüchten besser verträglich sind, da sie weniger blähend wirken. Der niedrige glykämische Index (langsame Verfügbarkeit der Kohlenhydrate) verlangsamt eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels und ist daher günstig für Personen mit Diabetes. Ballaststoffe fördern die Darmpassage und können Darmkrebs vorbeugen (Jahreis et al., 2012).

Zudem ist bekannt, dass Lupinenfasern ein hohes Wasserbinde- und Quellvermögen besitzen. Die hohen Gehalte an Mineralstoffen (K, Ca, Mg, Fe), Carotinoiden, Vitamin A und B1 (Tiwari et al., 2011) sowie an gesundheitsförderlichen sekundären Inhaltsstoffen sind weitere ernährungsphysiologische Vorteile, ebenso wie die vergleichsweise geringen Gehalte an harnsäurebildenden Purinen (günstig bei Rheuma-Erkrankungen) und Phytoöstrogenen (Briese, 2000; Toth und Wink, 1998; Ibieta et al., 2005). Lupinen enthalten kein Gluten und sind daher für Personen mit Zöliakie (Überempfindlichkeit gegen Gliadin-Eiweiß aus Getreide) gut geeignet. Humaninterventionsstudien belegen eine LDL-cholesterinsenkende Wirkung bei Personen mit zu hohem Cholesterinspiegel, die gute Verträglichkeit und die hohe sensorische Akzeptanz von Lebensmitteln, die mit löslichen Ballaststoffen aus dem Samen der Schmalblättrigen Lupine angereichert sind (Weiße et al., 2010; Fechner & Jahreis, 2010). Mit ihren vielfältigen physiologischen Wirkungen und günstigen Verarbeitungseigenschaften bieten solche Inhaltsstoffe Perspektiven für die ernährungsbasierte Prävention von Dickdarmkrebs und koronaren Herzerkrankungen (Jahreis et al., 2012).

Da die Lupine bestimmte Eiweiße enthält, die den Eiweißen von Erdnüssen, die ebenfalls zu den Leguminosen zählen, ähneln, sollten Allergiker, die auf Erdnüsse reagieren, beim Verzehr von Lupinen Vorsicht walten lassen; es könnten Kreuzallergien auftreten. Aufgrund ihres allergenen Potenzials müssen Lupinenbestandteile in Nahrungsmitteln auf Verpackungen gekennzeichnet werden.

Funktionelle Eigenschaften, ernährungsphysiologische Vorteile und gesundheitliche Aspekte der Lupinen (Kloth, 2018)

Proteineigenschaften/funktionelle Eigenschaften
Emulgierkapazität
Proteinlöslichkeit
Wasserbindung, Öl-/Fettbindung
Thermofixierbare Schäume und Schaumstabilisierung
Gelbildung
Ernährungsphysiologische Vorteile
Hohe Proteinwertigkeit (PDCAAS) von 0.9 (Vergleich: Milch, Hühnereiweiß 1.0)
Essentielle Aminosäuren
Sättigend
Reichhaltig an sekundären Inhaltsstoffen (Proteasse-Trypsin-Inhibitoren)
Positiver Gehalt an B-Vitaminen (Thiamin, Riboflavin)
Prebiotisch – unterstützt die Bildung einer guten Darmflora
Gesundheitliche Aspekte
Appetitregulierung – Protein ist ein stark sättigender Nährstoff
Cholesterinsenkung – ʏ-Conglutin steuert LDL-Rezeptoren
Cardiovasculärer Schutz – verringert Gefäßerkrankungen
Angiotensin converting Enzymes (ACE)-Hemmung – Blutdrucksenkung – Wirkung beruht vermutlich aufgrund des hohen Anteils an Aminosäuren

Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln aus regionaler Produktion sowie der Trend zu gesundheitsbewusster Ernährung eröffnet Möglichkeiten für eine künftig stärkere Verwendung von Lupinen in der Humanernährung. Immer mehr Firmen stellen aus den Samen der Weißen und Schmalblättrigen Süßlupine eine große Vielfalt unterschiedlicher Produkte und Rezepturen her, die frei von gentechnischen Veränderungen sind. Dennoch gilt es, das Potenzial der Lupine für innovative Ernährungsstrategien im Detail zu erforschen und für die Praxis zu erschließen und den Markt für diese Produkte auszubauen. Dies bedingt zum einen, die Vergrößerung der Anbauflächen, sowie die Optimierung der Produktströme (Rohn, 2019)

Für einen erfolgreichen Neueinstieg und einen langfristigen Verbleib der Landwirte in diesem innovativen Bereich „Lupine in der Humanernährung“ ist eine standortspezifische Anbauverfahrensentwicklung im Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis notwendig, um die Qualitätsansprüche der Produzenten zu erfüllen.

Autorin:
Annett Gefrom (LFA Mecklenburg-Vorpommern, Lupinen-Netzwerk)
aus: Lupinen – Anbau und Verwertung. Hrsg.: Gesellschaft zur Förderung der Lupine (2016).